Das Innere entscheidet. Transidentität begreifbar machen

herausgegeben von Thorsten Mell

Das Innere entscheidet«Transidentiät  begreifbar machen» lautet der Untertitel des Buches, das sich nicht nur an Jugendliche richtet. In leicht verständlicher Sprache begreifbar machen, was es heisst, als Transmensch zu leben, wie eine Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Lebensumwelt aussehen kann – das gelingt dem Buch sehr gut.

Der Herausgeber Thorsten Mell holt Menschen, die plötzlich in ihrem Umfeld mit dem Coming-Out eines Transmenschen konfrontiert sind, dort ab, wo sie stehen. Thorstens eigene Geschichte bildet den roten Faden des Buches – beleuchtet aus verschiedenen Perspektiven. So kommt eine Mitarbeiterin des Kindergartens zu Wort, die vom Coming-Out der vermeintlichen Kollegin überrascht wird, aber auch der Vater eines Kindergartenkindes und andere Menschen, die Thorsten nahestehen. Durch diese Perspektive wird der Weg und die Situation des Umfeldes sehr gut deutlich: Die Überraschung, dass ein Mensch im Umfeld nicht dem Geschlecht angehört, als das er bis dahin lebte, das Ringen um Verständnis und einen respektvollen Umgang mit diesem Coming-Out und schliesslich die Akzeptanz der Tatsache, dass die Person, die man bis dato für eine Frau hielt, ein Mann ist und auch als solcher lebt.

«Das Innere entscheidet» schildert aber auch ausführlich den Ablauf medizinischer und juristischer Angleichungsmassnahmen und erweckt dadurch bisweilen den Eindruck, dass eben doch auch das Äussere eine wichtige Rolle auf einem Trans*weg spielen kann. Das Begutachtungssystem wird von dem Psychiater Tobias Müller erklärt. Hier ist zu kritisieren, dass «Das Innere entscheidet» den Status Quo sehr unkritisch und aus Sicht von «Experten» darstellt, anstatt sich kritisch mit der Psychopathologisierung von Transmenschen und der Menschenrechtswidrigkeit der veralteten deutschen Begutachtungspraxis mit ihrer Fremdbeurteilung und den Wartezeiten auseinanderzusetzen. Im Gegensatz: Tobias Müller hat zwar Verständnis dafür, dass Transmenschen ungeduldig sind, findet es aber gerechtfertigt, dass er als Experte die Entscheidung fällt, ob und wann ein Transmensch Zugang zu medizinischen Massnahmen bekommt. Diese Sichtweise teilen heute die meisten Trans*expert_innen nicht mehr.

Dass wirklich das Innere entscheidet wird dann auch noch in den Geschichten anderer Transmenschen deutlich, die ebenfalls zu Wort kommen, und deutlich andere Wege für sich gewählt haben als Thorsten Mell.

Insgesamt ist es ein ausgesprochen gut lesbares Buch, das gerade für das Umfeld junger Transmenschen die wichtigsten Problemfelder einer Transition aufzeigt und einen vorbildlichen Umgang mit einem Trans*-Coming-Out schildert. Die klare Strukturierung und ansprechende Gestaltung des Buches ermuntern auch Lesemuffel, wenigstens die für sie interessanten Stellen mitzunehmen und dem Phänomen Transidentität ein ganzes Stück näher zu kommen.

Thorsten Mell (Hrsg.), Das Innere entscheidet. Transidentität begreifbar machen (Querverlag 2014, 12,90 € oder ca. 19.80 Fr.)

 

 

Von der Schwierigkeit, etwas gezielt und nachhaltig zu verändern.

Ganztägiges Seminar am Samstag, 21. Juni 2014
9.00 – 17.15 in Basel, Aeschenplatz 2
Leitung: Sarah Neuenschwander

Das Seminar handelt von der Schwierigkeit, etwas gezielt und nachhaltig zu verändern und befasst sich mit Bremsklötzen oder dem «sich selbst im Weg stehen» – und was man dagegen tun kann. Dieses Seminar bezieht sich explizit nicht auf Mentaltraining, hat aber natürliche Berührungspunkte mit dem Thema.
Die Leiterin betont, dass das Seminar gerade auch für Transmenschen geeignet ist.

Flyer mit Anmeldetalon

Link zum Seminar

 

 

Hannes Rudolph
neuer Geschäftsführer der HAZ

Medienmitteilung der Homosexuellen Arbeitsgruppen Zürich (HAZ)
Zürich, 17. März 2014

passbild_hannesDer Vorstand der HAZ freut sich sehr, Hannes Rudolph als Geschäftsführer unseres Vereins zubegrüssen. Mit seinem heutigen Stellenantritt übernimmt er die Leitung sämtlicher Bereiche der HAZ-Geschäftsstelle, die Koordination der Arbeitsgruppen und wird Ansprechpartner für die Medien.

Die HAZ-Geschäftsstelle als Herz wie auch als Dreh- und Angelpunkt des Vereins gewinnt mit dem Psychologen und Theaterregisseur Hannes Rudolph eine in der Community bekannte und sehr engagierte Persönlichkeit.
Der 36-jährige Leipziger kam vor acht Jahren in die Schweiz und lebt mit seiner Familie in Zürich. AlsGründungsmitglied des Transgender Networks Switzerland (TGNS) und Leiter der Fachstelle für Transmenschen im Checkpoint Zürich ist er mit der LGBT-Community in der Schweiz bestens vertraut und vernetzt. Auch das Centro der HAZ kennt er bereits von innen: durch unzählige Sitzungen mit unterschiedlichsten Gruppen der aktivistischen LGBT-Szene.

Der Vorstand freut sich auf die Zusammenarbeit und die gemeinsame Umsetzung verschiedener Projekte wie z. B. das Regenbogenhaus.
Für weitere Fragen steht Ihnen der neue Geschäftsführer gerne zur Verfügung.
Hannes Rudolph: 044 271 22 50
www.haz.ch

Link zur Medienmitteilung: PDF

 

 

trans* und alter

Einladung zur Konferenz «trans* und alter»

Trans im Alter«trans* und alter» ist eine zweitägige Konferenz des Sonntags-Club e.V. in Berlin am 09./10. August 2014 mit ca. 40 Teilnehmer_innen aus den deutschsprachigen Ländern.

Das Austauschtreffen für ältere Trans*Menschen steht unter dem Motto: Rückblicke wagen – Resümee ziehen – Standorte benennen.

Die Konferenz soll für die Zielgruppe einen Reflexionsrahmen an der Intersektion Alter/Trans* bieten. Im Zentrum wird für die Teilnehmer_innen die Rückschau über den eigenen Lebensweg stehen (Biografiearbeit). Thematisch könnte es um den Austausch über Beziehungs- und Familiensituationen gehen, um Diskriminierungserfahrungen in der Pflege und im Gesundheitswesen, bis hin zu den Langzeitfolgen von Hormontherapie und operativen Maßnahmen.

Broschuere «trans* und alter» (mit Anmeldeformular)

Website

 

 

 

Im Berufsleben benachteiligt

UntitledWas hat die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität mit Leistung, Kompetenzen oder Berufsqualifikationen zu tun? Nichts.Und trotzdem werden  Lesben, Schwule und Transmenschen im Berufsleben auch heute Weissbildnoch benachteiligt – offen, aber auch subtil. Denn Heterosexualität und das Zweigeschlechtermodell gelten noch immer als unhinterfragte Normen.

Text aus Mediaplanet PDF: Vielfalt verpflichtet

 

 

Interview mit Sharon

Im Interview mit Moderatorin Farah Zeiner berichtet Sharon wie sie auf die Idee gekommen ist, den ersten und bislang einzigen Transgender-Shop der Schweiz zu eröffnen und wieso sie sich darüber hinaus für die Belange von transidenten Menschen (Transgender) einsetzt.

Interview auf youtube.com

 

Ein weiteres Interview:
Am Freitag 14. März 2014 wird sich das Lifestyle Magazin, das in TeleZüri, TeleBärn, Tele 1, Tele M1 und TV Punkt ab 18.30 Uhr stündlich bis Samstag 12 Uhr gesendet wird, um Transgender drehen.

Patricia Boser hat für die Sendung ein Interview mit Sharon in der Firma und zu Hause gemacht.

Die Ausstrahlung der Sendung war ursprünglich auf den 7. März geplant, musste aber infolge einer zu kurzen Produktionszeit verschoben werden.

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Was bin ich?

Männlich oder weiblich?, lautet die Standardfrage. Dabei gibt es längst nicht nur Mann und Frau. Wer sich in den USA bei Facebook registriert, kann neu aus 58 Geschlechtern wählen.
Von Christine Brand

Tausende Male sind wir mit den zwei Kästchen konfrontiert, von denen wir das eine oder das andere anzukreuzen haben. Männlich oder weiblich? – Was dazwischenliegt, existiert amtlich nicht. Unsere Gesellschaft klassifiziert den Menschen in zwei Geschlechter. Das ist nicht gerade viel und garantiert zu wenig. Und damit ist jetzt Schluss. Zumindest beim grössten sozialen Netzwerk, Facebook. Wer sich in den USA ein Facebook­Profil erstellt, hat die Wahl: Die Plattform führt seit letzter Woche 58 Geschlechtsbezeichnungen im Sortiment. 58 Geschlechter? Das klingt kompliziert. Und das ist es auch. Aber es ist durchaus ernst gemeint. «Für viele Menschen hat diese Auswahl keine Bedeutung», sagt die Facebook­Software­Ingenieurin Brielle Harrison, die selbst eine Transfrau ist. «Aber für die wenigen Menschen, die es betrifft, bedeutet es die Welt.»

Der gesamte Text als PDF: PDF

Quelle: NZZ am Sonntag, 23. Februar 2014

 

 

«Ich stelle die Geschlechtsanpassung manchmal infrage»

Ein Interview mit Nadia Brönimann

Die  Geschlechtsanpassung von Nadia Brönimann ist über 16 Jahre her. Wie lebt sie heute mit ihrem  Körper? «Ich stehe fest und sicher im Leben. Doch inzwischen lasse ich die Frage zu, ob die Operation wirklich der einzige richtige Weg war oder ob es auch möglich gewesen wäre, einen  Zwischenweg zu leben. Ich stelle mir die Frage, ob eine Frau wirklich nur  dann eine Frau ist, wenn sie eine Vagina besitzt.» Immer mehr Menschen, die sich im falschen Körper geboren fühlten, würden heute einen Zwischenweg wählen. «Durch den kompletten operativen Eingriff strapaziert man  seinen Körper enorm. Viele Menschen wollen das ihrem Körper nicht zumuten. Ich stelle fest, dass sie im Endeffekt gar nicht so schlecht dastehen und  einen klaren gesundheitlichen Vorteil haben.» Die Konfrontation mit solchen Gedanken sei für sie keineswegs einfach. Die Frage «was wäre, wenn?» tauche zwischendurch auf. «Das fordert mich. Manchmal stelle ich meine Geschlechtsanpassung infrage.» Brönimann gibt offen zu, dass ihr Körper  seinen Tribut gefordert habe. Die starken hormonellen Veränderungen sorgen bei ihr für gesundheitliche Probleme. Was dies genau bedeutet und welches die Folgewirkungen sind, möchte sie für sich behalten.

Der gesamte Text zum Herunterladen: PDF

Quelle: Bote der Urschweiz (27.2.2014)

 

 

Trans* im Alter

Trans* im Alter ist eine zweitägige Veranstaltung in Berlin am 15./16. Februar 2014 mit ca. 40 Teilnehmer_innen. Das Austauschtreffen für ältere Trans*Menschen steht unter dem Motto: Rückblicke wagen – Resümee ziehen – Standorte benennen.

PDF Infos: Trans im Alter


«Erst heute lebe ich so, wie ich bin»

Ein Artikel  über Transidentität, das Coming-Out der Psychologin Myshelle Baeriswyl und die Trans*Bewegung in der Schweiz.

Quelle: Ostschweiz am Sonntag, 5.1.2014
PDF: Myshelle Baeriswyl

 

Transfrauen und Lesben

Am 8. und 9. September 2013 fand die erste Schweizer Transtagung in Bern statt. Der überwältigende Erfolg mit mehr als 120 Teilnehmenden zeigte, dass die Zeit dafür reif war.

Anders als auf den Tagungen in Deutschland waren die meisten Workshops ausdrücklich offen für Nicht-Transpersonen. Dies waren Angehörige und Freunde, aber auch allgemein am Thema Interessierte. Die Vernetzung mit der LGB-Community war dem Organisationsteam besonders wichtig. Die Themen waren breit gefächert, von gesellschaftlichen Anliegen, etwa zur Akzeptanz von Transmenschen, bis zu konkreten medizinischen und rechtlichen Fragen. Zwei Workshops waren für den direkten Austausch zwischen Transmenschen und der lesbisch-schwulen Szene gedacht.
Am Workshop «Erste Hilfe für die Lesbenszene» haben zirka 14 Frauen teilgenommen, davon zwei Drittel Transfrauen. Der von Michelle Biolley und Silvia Müri geleitete Workshop diente dem gegenseitigen Kennenlernen und Austausch – eben «erste Hilfe» zum Thema. Es stellte sich schnell heraus, dass vor allem über die Lesbenszene diskutiert wurde, besonders darüber, wie Transfrauen dort Fuss fassen können oder wo sie bereits aktiv dabei sind.

Diskussion über gegenseitige Vorurteile
Gegenseitige Vorurteile wurden angeregt diskutiert, etwa wann eine Frau eine Frau ist oder die männliche Sozialisierung versus Gehirngeschlecht oder feministische Ausschlüsse. Aber auch Ausschlüsse innerhalb der Transszene waren ein Thema, so die Frage, welchem Frauenbild Transfrauen entsprechen wollen/müssen. Die Transfrauen hatten teilweise wenig realistische Vorstellungen davon, wie sie in die Lesbenszene hineinkommen und dort akzeptiert werden. Sie äusserten den Wunsch, dass Lesbenveranstaltungen auch explizit als offen für Transfrauen ausgeschrieben werden. Schön wäre es, wenn Initiativen aktiv von Transfrauen ausgehen und sie die teilweise bemängelte «Opferrolle» verlassen würden.
In der anschliessenden Gruppenarbeit wurden die Themen vertieft und überlegt, wie gemeinsame Aktionen gestaltet werden könnten. Viele Transfrauen sind, gerade am Anfang ihrer Transition, sehr verletzlich und haben Angst vor Zurückweisung. Ein sicherer Raum unter anderen (lesbischen) Frauen ist daher sehr erwünscht. Vielen sind aber die bereits bestehenden Angebote gar nicht bekannt. Hier ist die gegenseitige Information sehr wichtig.
Die Vorstellung vieler Lesben über Transfrauen war, wie im Gespräch herauskam, eher transvestitisch geprägt. Auch hier wurde vermehrte Aufklärung als nötig angesehen.

Der Austausch soll vertieft werden
Das Fazit der ersten Transtagung lautet: Sie war ein bedeutender erster Schritt auf einem Weg, der unbedingt an einer nächsten Trans- oder Lesbentagung fortgeführt werden muss. Die Vorurteile wurden auf den Tisch gelegt und in den gemeinsamen Gesprächen wieder abgebaut. Gewünscht wurden mehr Orte und Veranstaltungen für lockere Treffen, die explizit als transfreundlich ausgeschrieben werden sollten.
Die nächste Transtagung findet am 6. und 7. September 2014 wieder in der Villa Stucki in Bern statt.

Links zum Thema:
www.transtagung.ch
www.transgender-network.ch

Der Artikel als PDF:
Transfrauen & Lesben

 

Ciao Ciara –
Trans* leben ohne Hormone und Ops

«Maik weiss um die Möglichkeiten, die’s geben würde, hat viel über Hormonbehandlungen und Operationen gelesen. Und sich gegen beides entschieden.»

Mehr dazu im Artikel von Barbara Lussi: Ciao, Ciara – Zweiundzwanzig Jahre habe ich ihn als Ciara gekannt, heute steht Maik vor mir. Oder: Das Mädchen von damals ist Mann geworden.

Quelle: Polykum Nr. 4, 2013
PDF: Ciao Ciara

 

Eine transsexuelle Chansonsängerin

Hinterhoftreffen mit Heidi Mohr –
ein Stern vom andern Stern

17.12.2013

Früher hieß Hedi Mohr Christian und war Einser-Abiturient. Jetzt ist er eine Sie, lebt in Berlin und hat beim Bundeswettbewerb Gesang den Gisela-May-Chansonpreis gewonnen. Ein Hinterhoftreffen.

Sie hat Eindruck gemacht. Auf die Jury beim renommierten Bundeswettbewerb Gesang, die ihr den Gisela-May-Chansonpreis verlieh. Auf das Publikum beim Preisträgerkonzert am Monatsanfang im Friedrichstadt-Palast, wo sie – im langen Schwarzen und mit ganz großer Geste – die „Seeräuber Jenny“ sang. Diese Sängerin müsse man sehen, hat es danach geheißen. Die sei so was von exzentrisch, total exaltiert, trete barfuß auf, habe zugleich blondes und graublaues Haar, sei jetzt eine Frau, vorher aber ein Mann gewesen, einfach ein eigenwilliger Charakter, mit einer guten Stimme und hoher Musikalität noch dazu.

Das macht neugierig, da will man mehr wissen und schickt eine Interviewanfrage an den aufsteigenden Stern am Showhimmel raus.

Hedi Mohr ist 22, die Antwort kommt zügig, der Ton ist höflich, aber bestimmt. «Als Erstes wäre es mir lieb, wenn wir uns duzen könnten», mailt sie. Logo, Hedi, wird gemacht.

Sie wohnt wie aus dem Bilderbuch der armen Künstler: verrotteter Altbau in der Köpenicker Straße, zweiter Hinterhof. Jetzt bitte bitte Souterrain. Nein, es geht höher rauf. Hedi lacht. Sie singe zwar in feuchten Kellern, aber sie wohne nicht drin. Der Rock ist lang, das Angora-Oberteil flauschig, die mit Papierfetzen beklebte und bemalte Leinwand überm Küchentisch sieht selbst verfertigt aus. Ist sie aber nicht, sagt Hedi. Ihr Freund hat das Bild für sie gemacht. Und der Titel? «Hedi», sagt Hedi. Es ist blau und rosa, da ahnt man gleich eine Anspielung auf wechselndes Geschlecht. Verfrüht. «Das sind schwarz-weiße Klaviertasten, Blau steht für den Himmel und Rosa für das Abendrot.» Sie selber malt auch. Gerade arbeitet sie an einer Bewerbungsmappe für die UdK. «Ich suche ja immer Alibi-Studiengänge, damit ich nicht Musical studieren muss.» Mit 18, als sie noch er war, Christian hieß, in Gelsenkirchen lebte und das Abitur mit Durchschnittsnote 1,1 hinlegte, war ihr das schon suspekt – Musical studieren. Deswegen hat sie nach dem Gewinn des zweiten Bundespreises bei «Jugend musiziert» die Möglichkeit ausgeschlagen, an der Folkwang-Universität Essen genau das zu studieren. «War mir einfach zu flach.»

Flach oder einfach sind keine Kategorien für Hedi. Sonst hätte sie sich alles leichter gemacht. Wäre 2010 nicht nach Berlin gezogen, ohne jemanden zu kennen. Auf der Suche nach absoluter Freiheit, nach extremen Lebensentwürfen. Wäre nicht in der „queeren, linken Zeckenszene“, wie sie es nennt, und dem dazu passenden Hausprojekt gelandet. Hätte nicht Gender Studies und Musikwissenschaft an der HU studiert. Und vor allem nicht den Namen Christian und das dazugehörige Geschlecht abgelegt und sich Hedi genannt. Und zwar von ihrem Lieblingsmusical «Hedwig and the Angry Inch» inspiriert. «Das ist ein Alien-Name und ich denke die meiste Zeit, dass ich ein Alien bin.“ Ein Wesen vom anderen Stern, zufällig beheimatet auf dem Planeten Erde…..»

Quelle: Tagesspiegel

 

Gen Silent (2011)

Ein Dokumentarfilm über das Älterwerden für Transmenschen, Lesben und Schwule (englisch)

Der Film folgt sechs LGBT-Senioren (darunter einer Transfrau) in Boston, die entscheiden mussten, ob sie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität im Alter wieder verstecken sollten.  Sehr eindrückliche Bilder und berührende Schicksale.

Der Film ist auf Englisch und nur noch für einige Zeit gratis online zu sehen:
Link


Logopädie für Transmenschen –
ein Interview

8.12.2013

Ein Interview von Petra mit Thomas Lascheit  (Berlin) und Stephanie Kruse (München) über Logopädie und die Stimmmöglichkeiten von Transfrauen. Hier ein Auszug:

«Petra: Hallo Thomas, Hallo Stephanie, ich verfolge ja eure Aktivitäten schon etwas länger und weiß daher, was ihr so macht. Aber für alle, die euch nicht kennen: Erzählt doch mal ein wenig über euch und vor allem eure Arbeit mit transsexuellen Frauen.

Thomas: Hallo Petra, ich heiße Thomas Lascheit, bin 30 Jahre alt und lebe und arbeite in Berlin. In meiner Freizeit singe ich leidenschaftlich gerne oder verbringe Zeit mit meinem Therapiebegleithund „Jerry“. Von Beruf bin ich Logopäde. Ich habe dies in den Niederlanden studiert und arbeite nun seit fast sieben Jahren in diesem wunderschönen und kreativen Job. Schon während meiner Studienzeit habe ich mich auf die Stimmarbeit mit trans* spezialisiert. In meiner Praxis arbeite ich wöchentlich mit durchschnittlich 25 trans* Frauen an einer authentischen, weiblicheren Stimme. Außerdem gebe ich gemeinsam mit Stephanie Kruse Workshops für trans* Frauen und wir bilden Logopäden in Fortbildungen, Coachings und Supervisionen in der Arbeit auf diesem „besonderen“ Gebiet aus. Ich sage deshalb „besonders“, da die Stimmarbeit mir trans* in der Ausbildung nur selten, größtenteils sogar gar nicht gelehrt wird, sie jedoch Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die eine „normale“ Stimmtherapie weit überschreiten.

Stephanie: Ja, das hast Du allerdings recht. Die Stimmanpassung ist in ihren Zielen kaum mit einer normalen Stimmtherapie vergleichbar. Aber erst mal ein paar Infos zu meiner Person. Ich bin 32 Jahre alt, bin Sängerin, Stimm- und Sprechtrainerin und Logopädin und lebe und arbeite in München. In meiner Freizeit – Moment, Freizeit? Was ist das? – habe ich in den letzten Jahren gemeinsam mit Thomas und Diana Houben das Fachbuch zum Thema Stimme bei Trans* erstellt, die Workshops und letztlich die Weiterbildung für Logopäden konzipiert und gerade beantworte ich Deine Fragen, Petra (lach). Seit 2013 lebe ich in München und baue hier den Stimmraum München auf, eine weitere Filiale neben dem Stimmraum Aachen. Zu den gemeinsamen Veranstaltungen mit Thomas gebe auch ich Fortbildungen, Workshops und Kurse rund ums Thema Stimme. Aktuell mache ich eine Ausbildung zum Certified Master Teacher im Estill Voice Training – einem speziellen Stimmtraining. Also noch mal: Freizeit? Was ist das? (lach)…»

Link zum gesamten Interview 

 

Umsetzung der Menschenrechte
in der Schweiz

Eine Bestandesaufnahme im Bereich der Geschlechterpolitik (Christina Hausammann / Brigitte Schnegg / Anja Roth / Iris Glockengiesser / Rahel Kamber)

«Dieser Teilband der Studie „Umsetzung der Menschenrechte in der Schweiz“ des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) richtet sich an Fachleute und Personen aus der Praxis, die einen Überblick über die bestehenden Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien an die Schweiz und deren Umsetzung im Bereich Geschlechterdiskriminierung sowie Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität gewinnen möchten. Im Vordergrund stehen dabei die Themen Geschlechtergleichstellung im Erwerbsleben, Gewalt gegen Frauen, insbesondere häusliche Gewalt, Zwangsheirat und Frauen- und Mädchenhandel sowie Diskriminierung von Lesben, Schwulen, transgender und intersexueller Personen.»

Diese Publikation kann ohne Anmeldung und unentgeltlich heruntergeladen werden:
Download

 

Im falschen Leib

5.12.2013

«Ein Transmann hat einen Frauenkörper und fühlt sich durch und durch als Mann. Eine Transfrau hat eine tiefe Stimme und Bartwuchs, aber eine weibliche Identität. Die Irritation ist gross, wenn die Geschlechterfrage nicht eindeutig ist.

Entweder Mann oder Frau, nichts scheint auf den ersten Bick so klar wie das. Aber die Verunsicherung ist gross, wenn der langjährige Kollege Müller ab sofort als Frau Müller angesprochen werden will. Die Irritation ist noch grösser, wenn der eigene Sohn auf einmal Frauenkleidung trägt. Und wie erklärt man den eigenen Kindern, dass Mama von nun an Papa ist?

Udo Rauchfleisch, Professor der Psychologie, hat sich ein Leben lang mit geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung beratend, therapeutisch und auch wissenschaftlich auseinandergesetzt. Er spricht ungern von Transsexualität und zieht den Begriff Transidentität vor. Wieso? Das erklärt er im Gespräch mit Cornelia Kazis in Kontext.»

Die ideale Sendung, um sein Umfeld mit der Trans-Thematik vertraut zu machen! Es wird auf gut verständliche Weise erklärt, was trans eigentlich ist (und was nicht).

Buchhinweis:
Udo Rauchfleisch: Anne wird Tom. Klaus wird Lara. Transidentität/ Transsexualität verstehen. Patmos Verlag

Sendung zum Nachhören und Herunterladen

 

 

Fünfte europäische Trans*Tagung –
TRANS*: SAFE AND EQUAL!

Budapest, 1.-4. Mai 2014

Eine grossartige Gelegenheit, Transmenschen aus ganz Europa zu begegnen und zu lernen, wie andere Länder mit Transpersonen umgehen: gesellschaftlich, im medizinischen Bereich und vor allem auf rechtlicher Ebene.

Link zur Website

 

 

ILGA Europe-Konferenz in Zagreb

«Family matters! Reaching out to hearts and minds» –
Berichte von Sandra und Henry

21.11.2013

Vom 24. bis 26. Oktober nahmen Henry und Sandra an der ILGA Europe-Konferenz in Zagreb teil. Wir haben uns bemüht, jeweils unterschiedliche Workshops und Vorträge zu besuchen, um uns zu möglichst vielen Themen zu informieren, um Kolleg_innen aus anderen Ländern kennenzulernen und uns mit ihnen auszutauschen.

Den ausführlichen Bericht findet Ihr hier als PDF.

Flyer

 

 

 


Alecs Recher blickt zurück

14. November 2013

AL-Fraktionschef Alecs Recher tritt im Februar nicht mehr zur Wiederwahl an. Im Interview mit Dayana Mordasini spricht er über sein coming-out, Geschlechts-identität und seine Arbeit und seine Erfolge bei Transgender Network Switzerland und Transgender Europe.

Dayana Mordasini: Vielen geht es beim Thema Transmenschen wahrscheinlich wie mir: Ende 80er Jahre wurde ich durch den Film Coco sensibilisiert, aber die Thematik ist nicht präsent.
Alecs Recher: Im Vergleich zu Coco habe ich eine Bilderbuch-Biographie, die sich deutlich von der Durchschnittsbiographie eines Transmenschen unterscheidet. Ich wuchs in einem Umfeld auf, das keine Stereotypen vermittelte und keine Erwartungen an mich als Mädchen stellte, mich auch entsprechend zu verhalten. Vor allem aber habe ich auf mein Coming-out fast ausschliesslich positive Reaktionen erhalten und relativ wenig Steine in den Weg gelegt bekommen.

Ist die Gesellschaft heute generell toleranter?
Stereotypen werden nach wie vor bedient, so z. B. bereits bei Kinderkleidern oder -spielsachen. Sicher wird Trans-Sein heute aber vermehrt und sachlicher thematisiert. Es gibt entsprechend auch mehr Eltern, die die Geschlechtsidentität ihres Kindes wahrnehmen und entsprechende Beratungsstellen aufsuchen oder an unserer Gesprächsgruppe für Angehörige teilnehmen. Die Geschlechtsidentität von Transkindern ist etwa ab dem Kindergarten klar, die Kleinen ernst zu nehmen ist daher nur richtig.

Wie war das bei dir?
Seit Anfangs Primarschule war mir klar, dass ich eine Geschlechtsangleichung machen will, und ich wusste auch, dass das möglich ist. Trotzdem habe ich damals, anfangs der 1980er-Jahre, nicht darüber gesprochen, denn ich fühlte, dass ich dadurch nichts zum Positiven verändern kann. Die Pubertät war auch für mich, wie für die meisten Transmenschen, der blanke Horror. Der Körper verändert sich und macht das Geschlecht nach aussen hin sichtbar – jedoch nicht das, das man ist. Heute gibt es die Möglichkeit, die Pubertät, und damit diese irreversiblen körperlichen Veränderungen, mit Hormonen (Pubertätsblocker) aufzuhalten.

Wofür hast du dich entschieden?
Meine Strategie war klar: ich arrangiere mich und verdränge das Thema der Geschlechtsangleichung. Ich habe diesen Schutzfaktor bis etwa 30 aufrechterhalten und mich im Leben als lesbische Frau eingefunden. Beim geschlechtsuntypischen Beruf Velokurier war ich auch mit kurzen Haaren und burschikosem Verhalten kein Aussenseiter. Gleichzeitig habe ich in meinem ersten Beruf als Heilpädagoge auch meine softeren Seiten einsetzen können und mich dabei wohl gefühlt. Meine Community ist ein kontinuierliches Element meiner Biographie. Erst in der Lesbenszene, dann habe ich neues ausprobiert als Drag-King (analog zu den Drag-Queens) und darüber auch die ersten Transmänner kennengelernt.

Wieso hast du deine Strategie geändert?
Einen Freund aus der Drag-King Szene hatte ich ein Jahr lang nicht gesehen. Er hatte in dieser Zeit mit der Hormonbehandlung begonnen und sah eindeutig männlich aus. Da wurde mir klar: Ich muss mich dem Thema Geschlechtsangleichung stellen, verdrängen geht nicht mehr länger. Ich war in der privilegierten Lage, dass ich bereits einen Beruf hatte und durch mein Alter und die Vernetzung einiges an Kompetenzen und Möglichkeiten, mich gut zu informieren. Das hat sicher geholfen, dass mein Weg so gut verlief. 2008 hatte ich mein öffentliches Coming-out. Öffentlich deshalb, weil ich bereits seit 2004 im Rat war.

War das eine positive Erfahrung?
Ich würde es wieder tun. Für das Bewusstsein in der Öffentlichkeit hat es sich gelohnt, es war gut, dass die Medien konfrontiert wurden mit einem Transmenschen, mit welchem sie bereits vorher als Politiker zu tun gehabt haben. Ich habe zeigen können, dass es nicht nur «negative» Geschichten gibt, ich habe die Medien dazu veranlassen können, sachlicher zu berichten, die Sprache anzupassen. Auch hier kann ich von einer Bilderbuch-Transition sprechen: an der Uni war man sehr aufgeschlossen, der Arbeitgeber, Familie und Freunde haben mich unterstützt, ebenso wie die AL. Ich habe durch das öffentliche Coming-out einen merklichen Teil meiner Privatsphäre aufgeben müssen, was besonders hart war, sich angesichts der positiven Errungenschaften aber gelohnt hat.

Was sind die wichtigsten Errungenschaften?
Nebst der Verbesserung der medialen Berichterstattung und öffentlichen Debatte sicher der Aufbau der Organisation Transgender Network Switzerland. Diese leistet heute wichtige politische und gesellschaftliche Arbeit, vernetzt und berät Transmenschen und alle andern, die Fragen zu dem Thema haben, und gibt unentgeltliche Rechtsberatung. Die Leitung der Organisation habe ich abgegeben, nachdem ich letztes Jahr in den Vorstand von Transgender Europe gewählt wurde, nun mache ich nur noch die Rechtsberatung, momentan etwa 100 Fälle pro Jahr.

Das Ziel der nächsten Jahre?
Grösster rechtlicher Handlungsbedarf in der Schweiz besteht in drei Punkten: Änderung von Name und amtlichem Geschlecht, Kostenübernahme der medizinischen Angleichung durch die Krankenkassen und Schutz vor Diskriminierung. Die  rechtliche Anerkennung des Geschlechts ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Denn ohne die Änderung werden Transmenschen jedes Mal, wenn sie sich ausweisen müssen, gezwungen, sich zu outen. Das verletzt ihre Privatsphäre. Nach heutiger Praxis ist eine Änderung von Name und amtlichem Geschlecht aber (fast) nur möglich, wenn man sich hat sterilisieren lassen. Dadurch werden Transmenschen gezwungen, die körperliche Integrität aufzugeben, um ihre Privatsphäre zu schützen. Dieses gegenseitige Ausspielen von zwei Grundrechten muss endlich aufhören.
Bei den Krankenkassen ist das Problem, dass sie völlig willkürlich und ohne Rücksicht auf den medizinischen Bedarf auch Pflichtleistungen verweigern.
In einer kleinen Studie konnten wir spezifisch in der Arbeitswelt einen diskriminierenden und schockierenden Ausschluss aufzeigen: Die Anzahl der arbeitslosen Transmenschen ist sechsmal höher als die der Durchschnittsbevölkerung – trotz eher höherer Ausbildung.

Wo findet die Diskriminierung sonst noch statt?
In der Schweiz sind es vor allem auch viele kleine Dinge im Alltag, die aufsummiert sehr belastend werden: Konnte man Namen und amtliches Geschlecht nicht ändern, so führt z. B. die Benutzung des öV-Abos zu Diskussionen, ein eingeschriebener Brief wird nicht ausgehändigt, man bekommt über das eigene Bankkonto keine Informationen, hat Probleme bei der Ausreise ins Ausland, Studierende verzichten auf Vergünstigungen, um sich nicht über die Legi outen zu müssen, uvm. Zu verbaler und körperlicher Gewalt haben wir in der Schweiz keine Daten, vernehmen aber immer wieder davon. In anderen Ländern werden Transmenschen gezielt ermordet: Das weltweite Trans Murder Monitoring zählte 1‘123 Morde innert fünf Jahren. Da steht auch die Schweiz in der Pflicht, Asyl zu gewähren.

Alecs Recher, vielen Dank.

Quelle: AL-Info November 2013

Artikel als PDF


 

 

Ganz natürlich: Transgender

12.11.2013

Von Rolf Butz.

Transmensch – haben Sie diesen Begriff schon einmal gehört? Ein Transmensch ist ein Mann, der mit einem weiblichen Körper geboren wurde, beziehungsweise eine Frau, die mit männlichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt gekommen ist. Da die Menschen ja nur die «Verpackung» sehen, werden Transpersonen solange falsch eingeordnet, bis sie sich gegenüber ihrer Umwelt zu ihrem eigentlichen Geschlecht äussern können. Und auch nach dem Coming-out muss man sich immer wieder erklären. Henry Hohmann, Präsident von Transgender Network Switzerland, im Gespräch.

Henry Hohmann, welches sind die grössten und häufigsten Vorurteile gegenüber Transmenschen?
Sehr häufig werden Zweifel an der Geschlechtsidentität geäussert, die ja nach aussen weder sichtbar noch beweisbar ist. Zum Beispiel: «Wie weisst du das?» oder «Das sind doch gar keine richtigen Frauen/Männer, auch wenn sie operiert worden sind.»

Und wie begegnen Sie diesen Vorurteilen?
Aufklären, aufklären, aufklären…

In welchem Alter merkt man normalerweise, dass man transgender ist?
Das kann man nicht pauschal beantworten. Viele Transmenschen merken bereits in frühester Kindheit, dass sie anders sind. Meist fehlen aber die Worte, um das Unbehagen richtig auszudrücken. Als Kinder erfüllen sie dann oft nicht die von ihrem äusseren Geschlecht erwarteten Rollen und sind häufig Aussenseiter. Andere Personen merken erst in einem höheren Alter, was mit ihnen los ist. Häufig kommt das Coming-out für die Umwelt sehr überraschend, wenn man doch jahrelang als Mann oder Frau gelebt, gar eine Familie gegründet hat. Viele haben dann aber schon ein jahrelanges Versteckspiel hinter sich.

Und WIE merkt man das – wie war das bei Ihnen?
Es ist in erster Linie ein tiefes, inneres Wissen, was man wirklich ist – wie bei jedem anderen Menschen auch. Hinzu kommt das Gefühl, dass man einfach nicht hineinpasst in die Rollenerwartungen, die uns von der Gesellschaft übergestülpt werden, ein Gefühl des ständigen Andersseins. Der Körper hat die falsche Ausprägung und spätestens in der Pubertät entwickelt er sich völlig in die falsche Richtung. Der Moment, in dem man sein Transsein wirklich begreift, wo man ein Wort für seinen Zustand gefunden hat, ist ungeheuer befreiend – auch wenn dann der Kampf erst anfängt…

Was war damals bei Ihnen das Schwierigste?
Das Coming-out gegenüber der eigenen Familie und Partner oder Partnerin ist sicher das Schwierigste. Das sind die Menschen, die einen am längsten und vielleicht besten kennen – und die doch das grösste Geheimnis oft nicht einmal ahnten. Hier spielen oft auch Schuldgefühle eine Rolle und natürlich eine sehr grosse Angst, alles zu verlieren: die Familie, die Freunde, die Arbeit. Transmenschen sind ungeheuer mutige Menschen, weil sie aber auch gar nicht anders können.

Wie hat Ihr näheres Umfeld auf das Coming-out reagiert?
Ausnahmslos gut, da habe ich sehr viel Glück gehabt. Aber die Akzeptanz kommt nicht von heute auf morgen, die Entscheidung wird respektiert, aber bis man von den meisten im wahren Geschlecht gesehen wird, kann es dauern.

Wie leben Sie heute? Und wie bezeichnen Sie sich selbst?
Ich arbeite nach wie vor im selben Job und habe dasselbe Freundesumfeld. Mit meinem Transsein bin ich eher offensiv umgegangen, mir ist Aufklärung und Information sehr wichtig. Für neue Bekanntschaften bin ich einfach ein Mann, im engeren Umfeld oder auch für mich selbst bin ich ein Transmann – sozusagen ein Mann mit einem weiblichen Sozialisationshintergrund.

Wie ist das Leben als Transmensch in der Berufswelt – gilt es da spezielle Hürden zu nehmen, z.B. wenn Sie mit Ihnen noch unbekannten Menschen das erste Mal in Kontakt kommen oder bei Vorstellungsgesprächen?
Kurz nach dem Coming-out sind die Leute natürlich ziemlich gefordert, weil das Geschlecht, mit dem man sich vorstellt und die äussere Erscheinung nicht unbedingt übereinstimmen. Bei Vorstellungsgesprächen oder Bewerbungen kommt hinzu, dass oft die Zeugnisse nicht mit dem heutigen Namen oder Erscheinungsbild übereinstimmen. So muss man sich ständig outen und erklären. Hier sind auch die Arbeitgebenden gefordert, ihren Trans-Mitarbeitenden ein sicheres und verständnisvolles Umfeld zu schaffen.

Hormone, vielleicht sogar Operationen: Ist das Leben als Transmensch ein ewiger Kampf?
Auf jeden Fall ist es eine enorme körperliche und psychische Herausforderung! Sie erfordert Kraft, Zielstrebigkeit und einen enormen Willen, um all dies auf sich zu nehmen, damit man endlich mit sich im Einklang ist – Eigenschaften, die in der Berufswelt ja sehr gesucht werden…! Doch scheint es mir auch wichtig zu bemerken, dass eine nicht geringe Zahl von Transmenschen keine körperliche Angleichung anstrebt. Sie müssen sich ständig outen und für ihr Anderssein rechtfertigen.

Wenn wir die Gesellschaft und deren Vorurteile aussen vor lassen: Ist es für Sie persönlich schwierig, transgender zu sein – oder ist das ganz natürlich?
Natürlich ist es ganz natürlich – ich bin so, wie ich bin. Für mich persönlich war die Zeit des Übergangs trotz allen Schwierigkeiten eine ganz grosse Bereicherung meines Lebens. Ich hatte das Gefühl, endlich bis auf den Grund gesehen zu haben, wo ich bislang immer an der Oberfläche geblieben war. Im Gegensatz zu den meisten Menschen, die mit ihrem Gehirn und ihrem körperlichen Geschlecht im Einklang stehen, habe ich in einem gewissen Mass beide Seiten gesehen.

Welche positiven Erfahrungen haben Sie gemacht, seit Sie entsprechend Ihrer Geschlechtsidentität leben?
Der gesamte Prozess hat mich in meiner Persönlichkeit enorm entwickelt. Jahrelang war ich wie in einem Kokon eingesponnen, der mich in vielen Dingen gehemmt und zurückgehalten hat. Nun bin ich ganz ich, das ist ungeheuer befreiend. Und ich denke, dass sich meine Energie auch auf mein Umfeld überträgt.

Homosexualität scheint als Thema in unserer Gesellschaft sehr präsent. Warum ist das bei Transgender anders?
Homosexualität ist in der Gesellschaft präsent, weil sie immerhin zirka zehn Prozent der Bevölkerung oder mehr betrifft, und weil die Homosexuellenbewegung schon seit vielen Jahrzehnten aktiv gegen Vorurteile arbeitet. Trans betrifft prozentual sehr viel weniger Menschen, aber im Gegensatz zu Schwulen und Lesben lässt sich ihre Identität nach dem Coming-out nicht mehr verstecken, sie sind also eigentlich zumindest eine Zeit lang sehr viel sichtbarer. Erst in den letzten Jahren treten auch immer mehr Transmenschen an die Öffentlichkeit, die über ihren Weg berichten und wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Wichtig ist jedoch noch, dass sich dabei auch die Berichterstattung ändert: Weg von sensationslüsternen Vorher-Nachher-Bildern oder Operationsberichten, hin zu einer Berichterstattung, die Platz lässt, die Vielfalt von Geschlecht und Lebenswegen darzustellen.

Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft?
Unsere Gesellschaft wird immer noch von tiefgreifenden Stereotypen beherrscht, die festschreiben, wie Männer oder Frauen zu sein haben. Das Aufbrechen der überkommenen Geschlechterrollen könnte auch dazu führen, dass Transmenschen ohne Angleichung oder solche, die zwischen den Geschlechtern leben, besser akzeptiert werden. Die Biologie weiss es schon lange: Es gibt mehr als nur die zwei Geschlechter. Die Gesellschaft muss dies noch lernen. Ganz konkret gesagt: Ich wünsche mir mehr Unterstützung und Offenheit für Transmenschen. Trans muss einfach als vollkommen normale Geschlechtsvariante gelten, und nicht als psychisch krank, nicht als bedauernswerte Kreaturen – das alles werden viele erst durch ihr Leiden an den gesellschaftlichen Umständen.

Wo besteht aktuell der grösste Handlungsbedarf?
Transmenschen fast überall auf der Welt – auch in der Schweiz – werden gezwungen, sich für die rechtliche Anerkennung ihres eigentlichen Geschlechts sterilisieren zu lassen. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wird hierbei massiv verletzt, die Möglichkeiten auf Familiengründung eingeschränkt. Transmenschen stehen durch ihre blosse Existenz im Widerspruch zu klaren und einfachen Geschlechterverhältnissen – und das ist auch gut so!

Henry Hohmann stammt aus der Nähe von Frankfurt am Main. Er studierte Kunstgeschichte, u.a. in Berlin und Rom. Seit zwölf Jahren lebt er mit seinem Mann in Bern. Er arbeitet als wissenschaftlicher Redaktor an einem Museum und ist Präsident von Transgender Network Switzerland, der Lobbyorganisation.von Transmenschen für Transmenschen.  www.transgender-network.ch

Quelle: Wir Kaufleute, Mitgliederzeitschrift des KV Zürich.

Der Artikel «Ganz natürlich» als PDF




Nach der Tagung ist vor der Tagung!

8.11.2013

Das Tagungsteam hat die zahlreichen Feedbackbögen ausgewertet und sich über die grosse Resonanz während und nach der Tagung gefreut.
Das Fazit vieler Teilnehmer_innen: Bitte, bitte, bitte macht nächstes Jahr wieder eine Transtagung.

Machen wir! Der Termin liegt wieder Anfang September und wird in Kürze bekannt gegeben. Wir suchen aber schon jetzt:

  • Verstärkung für das Orga-Team zur Vorbereitung der Tagung
  • Helfer_innen an der Tagung: Einrichten der Räume, Essenshelfer,
    Putzteufel und -feen, Tagungstisch, Kaffeetheke etc. etc.
  • Bewerbungen für Workshops

Schreibt einfach ein Mail an

Link: Auswertung Fragebogen

  

Personenstandsrecht für Trans*
und Inter-Personen in Europa

5.11.2013

Europäischer Runder Tisch zum Personenstandsrecht von Trans* und Inter-Personen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Deutschland): Am 4. und 5. November 2013 luden Transgender Europe (TGEU) und die ILGA Europe zum «Legal Gender Recognition Roundtable» in die Räume der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein.
30 Expert_innen aus ganz Europa diskutierten die personenstandsrechtliche Situation von Trans* und Inter-Personen. Christine Lüders betonte in ihrem Grußwort die Notwendigkeit, Gesetze und Regelungen, die Trans* und Inter-Personen betreffen, zu überprüfen.

Im Rahmen des Runden Tisches wurden die verschiedenen Regelungen innerhalb Europas und ihre Auswirkungen auf die rechtliche und soziale Situation von Trans* und Inter-Personen miteinander verglichen.

Thema war auch die Änderung des deutschen Personenstandsgesetzes, die am
1. November 2013 in Kraft getreten ist: Danach muss der Geschlechtseintrag im Geburtenregister offengelassen werden, wenn sich das Geschlecht eines Kindes nicht eindeutig feststellen lässt. Vertreter_innen von Verbänden intersexueller Menschen kritisieren jedoch auch die neue Regelung: «Ein fehlender Geschlechtseintrag kann zu verstärkter Stigmatisierung und einer Art „Zwangsouting“ führen. Es besteht keine Wahlfreiheit über den Geschlechtseintrag. So könnten Eltern von intersexuellen Kindern sogar unter größeren Druck geraten, sich für ein Geschlecht zu entscheiden», so Silvan Agius von ILGA Europe.

Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Bundesrepublik Deutschland)

  

 

 

Coming-out day

11.10.2013

Heute ist der internationale Coming-out day. Wie gut, dass das gefeiert wird! Viele Medien werden das Thema aufgreifen, und fast überall wird nur über das Coming-out von Lesben und Schwulen berichtet werden.

Warum? Transmenschen haben natürlich auch ein Coming-out und dabei einen oft sehr schmerzlichen Prozess (manche würden auch sagen: Spiessrutenlauf) zu durchlaufen. Anders als für Schwule und Lesben folgen auf das Bekenntnis, trans* zu sein, auch deutlich sichtbare äusserliche Veränderungen bei einem selbst und natürlich im Umfeld. Trans sein heisst (fast) immer, sein Coming-out öffentlich zu machen, sich den Reaktionen aller auszusetzen.

Trans* zu sein bedeutet also Sichtbarkeit. Es erfordert grossen Mut, oft getragen von der Verzweiflung, nicht mehr im Verborgenen leben zu können. Respekt und Unterstützung gelten allen, die diesen Schritt gemacht haben und machen werden.

Coming-out-Geschichten von Transmenschen aus der Schweiz findet Ihr auf der wunderbare Seite von «Es wird besser» – schaut mal rein!

Video: Es wird besser

 

 

Sterbehilfe nach Geschlechtsangleichung

1.10.2013

Der 44 Jahre alte Nathan, der als Nancy zur Welt kam, hat sein Leben am Mittwoch mit Hilfe von Sterbehilfe beendet. Nach einem Bericht der flämischen Tageszeitung Het Laatste Nieuws litt er an den gesundheitlichen Folgen einer fehlgeschlagenen Geschlechtsangleichung.

Wim Distelmans, ein belgischer Mediziner der Freien Universität Brüssel (VUB), der sich seit Jahren für humanes Sterben und für Sterbehilfe in der Gesellschaft einsetzt, sagte am Dienstagmorgen dazu gegenüber der VRT-Nachrichtenredaktion, dass er Nathan bei seinem Lebensende begleitet habe: «Es war eine Mischung zwischen physischem und psychischem Leiden.»

Nancy fühlte sich nach eigenen Angaben in ihrem weiblichen Körper niemals wirklich wohl und entschied sich, auch unter Druck ihrer eigenen Familie, dazu, ihr weiteres Leben als Mann zu führen. Seit 2012 ging sie als Nathan durchs Leben, nachdem sie sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen hatte.

Doch in ihrem Abschiedsgespräch mit Het Laatste Nieuws erzählte sie, dass dieser Schritt ihr nicht geholfen habe: «Als ich nach dem ersten Eingriff in den Spiegel schaute, ekelte ich mich vor mir selbst.» In den Bereichen Brust- und Phallusoperation traten nach den Eingriffen Komplikationen auf, die das Leben von Nancy/Nathan nicht einfacher gestalteten: «Anstatt ein echt neues Leben zu führen, war ich in einem Körper gefangen, den ich nicht mehr wollte. Als Mädchen kam ich falsch zur Welt und als Junge bekam ich einen Körper, der nicht der meine war.»

Am Montag beendete Nathan sein Leben durch Sterbehilfe. Wim Distelmans, der ihn begleitende Arzt, gab an, dass dieser Fall perfekt den gesetzlichen Vorgaben für Sterbehilfe entsprochen habe: «Der Mann ist mehr als ein halbes Jahr lang bei dieser Problematik begleitet worden.»

Quelle: deredactie.be

 

 

 

 

Sechsjähriges Kind entscheidet:
«Ich bin ein Mädchen»

27.9.2013

Ein sechsjähriger Junge aus Argentinien fühlte sich von Geburt an als Mädchen. Deshalb wurde aus Manuel jetzt Lulu – ganz offiziell. Ohne einen chirurgischen Eingriff oder ein psychologisches Gutachten erhielt das Transkind mittlerweile eine neue Identität. Seit vergangenem Jahr keine Seltenheit in Argentinien.

Lulu wurde eigentlich als Junge geboren. Doch die Sechsjährige hat sich nie als solchen gesehen, fühlte sich wie im falschen Körper – betrachtete sich selbst als Mädchen. Und handelte und lebte auch als solches.

Freie Wahl des Geschlechtes

Nun hat Lulu aus genau diesem Grund tatsächlich neue Meldepapiere von der Regierung in Buenos Aires erhalten, die es ihr ermöglichen, dass sie nun auch offiziell als Mädchen in den Listen geführt wird. Ohne Geschlechtsangleichung und ohne psychologisches Gutachten.

Laut Berichten von «dailymail.co.uk» äußerte sich ihre Mutter dazu so, dass Lulu bereits sehr früh ihr eigentliches Geschlecht gewählt hat. Seit sie circa vier Jahre alt ist, hat sie darauf bestanden, Lulu genannt zu werden.

Erst im vergangenen Jahr trat eine neue Regelung zur Änderung des Personenstands in Argentinien in Kraft. Jede Frau, jeder Mann und nun auch offensichtlich jedes Kind können seitdem selbst entscheiden, mit welchem Geschlecht sie in ihren offiziellen Dokumenten geführt werden wollen.

Quelle: news.de

Source: dailymail.co.uk

 

 

 

Trans*-Broschüre!

27.9.2013
Seit längerem arbeiten wir an einer Broschüre mit Trans*-Basics für die Schweiz. Nach schreiben, schreiben, schreiben – kürzen – und noch mehr kürzen steht der Text nun ziemlich fest. Gestern abend haben wir nun über dem Layout gesessen. Es geht vorwärts… !

 

 

 

 

Grundversicherung soll Behandlungs-
kosten auch im Ausland zahlen

24.9.2013

52 von 100 Schweizerinnen und Schweizern sind laut einer comparis.ch-Umfrage dafür, dass die Krankenkassen im Rahmen der Grundversicherung die Behandlungskosten im Ausland bezahlen sollten. Gleichzeitig ist die Sorge negativer Auswirkungen auf den Schweizer Arbeitsmarkt gross.

Gesetzlich ist es heute nicht erlaubt, dass Krankenkassen auch im Rahmen der Grundversicherung Auslandsbehandlungen bezahlen. Dies, obwohl sich jeder sechste Schweizer schon einmal im Ausland hat von einem Arzt behandeln lassen.

Gemäss der repräsentativen Telefonumfrage des Internetvergleichsdienst unter rund 1200 Personen aus allen Landesteilen lehnen nur 30 Prozent die Auslandsdeckung von Krankenkassen ab, 18 Prozent äusserten sich unentschlossen.

Während sich die Befürworter vor allem reibungslosere Arztbesuche im Ausland sowie niedrigere Behandlungskosten erhoffen, begründet jeder zweite Gegner sein Nein mit der Befürchtung, dass Behandlungen ausserhalb der Schweiz mit mehr Verwaltungsaufwand verbunden wären.

Über die Hälfte der Befragten befürchtet zudem negative Folgen auf den hiesigen Arbeitsmarkt, falls Auslandsbehandlungen von den Krankenkassen finanziert würden. 47 Prozent der Schweizer – unter ihnen auch Befürworter – würden sich laut der Studie denn auch nicht persönlich im Ausland behandeln lassen.

Fazit: Für Transmenschen könnte dies sehr wichtig sein, da OP-Kosten  im Ausland, wenn überhaupt, bislang nur von den Zusatzversicherungen übernommen werden. Für uns würde es nicht primär um günstigere Behandlungen gehen, sondern um die Qualität, vor allem bei den geschlechtsangleichenden Operationen.

Quelle: Aargauer Zeitung

 

 

 

 

Welche Rolle spielt das Passing vor allem für Transfrauen? Was ist, wenn man (noch) nicht gut passt – ist man dann weniger Frau/Mann?

Natürlich ist Passing wichtig, auch für einen selbst. Ein grosser Teil der gesellschaftlichen Akzeptanz wird auch daran festgemacht. Und oft wird der Druck durch Selbsthilfegruppen noch verstärkt. Aber ist es wirklich das Ziel der Ziele? Diese und ähnliche Gedanken haben sich schon viele Transmenschen gemacht und sind daran vielleicht auch verzweifelt.

Dana Taylor beschreibt in ihrem Artikel all die Kriterien und Stereotypien, denen (Trans-)Frauen ausgesetzt sind. Ihr beruhigendes Fazit: Eine Frau ist eine Frau. Immer. Und egal, wie ihre äussere Erscheinung ist.

Der Link zum Artikel.

 

 

Queerulant_in

Die neue Ausgabe des queeren Magazins ist online und kann hier heruntergeladen werden.

Diesmal mit folgenden Trans*-Themen:
– Trans*-Sein und schiefe Seitenblicke
– Geschlechtergerechte Sprache
– Trans* im universitären Alltag
– Über Transmänner und den «Zwang» zu kurzen
Haaren

 

 

Über «Passing»…

und warum das auch beleidigend sein kann, wenn man/frau passt…

 

Neue Praxis für Transsexuelle

16.9.2013

In Luzern erhalten Transmenschen bald professionelle Betreuung. Jil Lüscher beschreibt, weshalb das auf dem Weg von «männlich» zu «weiblich» so wichtig ist.

Es handelt sich auch in Fachkreisen um die Exoten unserer Gesellschaft. «Transsexuelle haben es schwer, eine vernünftige Betreuung zu finden», sagt Psychiater Horst Haupt, der an der Luzerner Tribschenstrasse eine Praxis führt. Er reklamiert, dass für Transmenschen generell ein «massiver Versorgungsmangel» herrsche. Und er geht mit seiner eigenen Zunft hart ist Gericht: «Die meisten Psychiater oder Psychologen weigern sich, diese Fälle aufzunehmen». Auch seien häufig wichtige Fachkenntnisse nicht vorhanden. «Sogar Hausärzte reagieren mitunter verständnislos oder gar transphob», meint er.

Horst Haupt arbeitet seit knapp einem Jahr daran, ein Netzwerk mit Spezialisten für die Zentralschweiz zusammenzustellen. Er betreut zurzeit zehn Zentralschweizer Patienten mit der Diagonse «transsexuell». «Die Praxis ist noch in der Gründungsphase», wie er erklärt. Aber noch im Herbst möchte er das offizielle «Outing» seiner Arbeitsgruppe.

Eine Alternative zu Zürich oder Basel?

Eine bekannte Betroffene aus Luzern ist Jil Lüscher. Als sie ihren ganz persönlichen «Masterplan» – den Weg vom Mann zur Frau – startete, wusste sie noch nicht, dass eine Arbeitsgruppe für die Zentralschweiz entstehen wird. «Für diejenigen, die noch am Anfang ihres Weges stehen, könnte ein solches Netzwerk durchaus Sinn machen», meint sie.

Jil Lüschers Ziel ist es, bis spätestens in fünf Jahren die „Hardware Körper“ der „Software Gefühl“ angepasst zu haben. Sprich auch äusserlich so weiblich zu sein, dass die Frage Mann oder Frau kein Thema mehr ist. Den Zwischenstand nach acht Monaten beurteilt sie als «ganz passabel». Neben den Ärzten stehen ihr gute Freundinnen und Freunde zur Seite. «Mein Wandel ist mit sehr vielen schönen Momenten verbunden. Es ist alles sehr befreiend», sagt sie.

Für die Koordination zwischen unterschiedlichen Ärzten ist sie am Universitätsspital in Zürich eingeschrieben. Eine «Transition» benötigt eine ganze Reihe von Fachkräften: Hausarzt, Psychiater, Hautärzte, Frauenärzte, Chirurgen oder Hormon-Spezialisten. In der Regel dauert eine Begleitung bis zur geschlechtsanpassenden Operation zwei Jahre. Der Weg vom einen Geschlecht zum anderen ist komplex und entsprechend kostenintensiv: Mit der Diagnose übernehmen die Krankenkassen einen Teil der Gesamtkosten von 30’000 bis 40’000 Franken.

Das Outing ist das Schwierigste

Der Vorname von Jil war 55 Jahre lang Jörg. Nun wird sie zunehmend weiblicher und ist mit ihrer jetzigen Auftreten bereits eine Frau: Nach einem Training in der Logopädie spricht sie nun mit hoher Stimme. Sie trägt eine blonde Echthaarperücke und enge Jeans, sie betont ihre langen und schlanken Beine. Elegant geht sie in schwarzen High-Heels. Und durch die gezielte Behandlung mit Hormonen – ein Gel mit Östrogen und Tabletten mit Testosteronblocker – ist ihre Haut weich geworden. «Meine Oberarme waren früher viel muskulöser», sagt die Transfrau. Jetzt sind sie schmal, grazil und geradlinig.

Der wichtigste Schritt für Jil Lüscher – und auch die höchste Hürde – war das Comingout vor acht Monaten. Die Erklärung an das persönliche Umfeld, an die langjährige Lebenspartnerin und an die Tochter aus früherer Beziehung, das fiel ihr schwer. «Aber ich musste endlich leben, was ich innerlich schon immer gefühlt hatte.»

Die Tochter trifft ihren neuen Vater bald

Jil Lüscher macht einen sehr glücklichen Eindruck. Sie scheint mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Doch der Preis für das neue Lebensgefühl ist hoch. Ihre Stimme beginnt zu zittern, wenn sie davon spricht: «Ich habe meiner Lebenspartnerin den Boden unter den Füssen weggezogen. Sie hat ihren Partner verloren. Wir fühlen gegenseitig nach wie vor tiefe Freundschaft, Respekt und Ehrfurcht und wir sind füreinander da. Sie bleibt für mich die wichtigste Person in diesem Prozess.»

Es gehe nun Schritt für Schritt vorwärts. Das Paar lebt immer noch zusammen in der gemeinsamen Wohnung, in einer Art WG. Noch vor einem Monat waren beide von sich aus nicht bereit, sich gemeinsam in der Öffentlichkeit zu zeigen. Inzwischen besuchen sie als «Freundinnen» öffentliche oder private Anlässe und nehmen auch Einladungen von Bekannten an. Diese Begegnungen seien sehr herzlich, spannend und voller Humor: «Nicht selten höre ich, diese nicht alltägliche Situation sei so bereichernd für sie. Für mich sind solche Worte das Schönste überhaupt.»

Ein Treffen von Frau zu Frau mit der zwanzigjährigen Tochter blieb bis anhin aus. Nicht, weil sie mit der krassen Veränderung ihres Vaters nicht einverstanden wäre. «Sie akzeptiert es und geht aus meiner Sicht erstaunlich reif damit um. Nur möchte sie Jil einfach nicht unvorbereitet treffen.» Eine Begegnung im Schutz eines Psychologen ist aufgegleist – auf Wunsch der Tochter.

Schöne Reaktionen am Arbeitsplatz

Dass sich Jil Lüscher auch für Transparenz am Arbeitsplatz entschieden hat, sei ganz wichtig gewesen, sagt sie. «Meine Kolleginnen und Kollegen haben es akzeptiert und mein Arbeitgeber steht zu mir», freut sie sich. «Es ist der Hammer. Ich kann meinen Job ungezwungen als Frau ausüben.»  Als Chefredakteurin der Wochenzeitung «Anzeiger Luzern» steht sie mit ihrer Wandlung voll und ganz in der Öffentlichkeit.

Entsprechend gab und gibt es immer wieder Reaktionen auf ihren Weg: Mails, Karten, Briefe, Anrufe, Facebook-Freundschaftsanfragen. Nur zwei von bisher über hundert Rückmeldungen seien negativ gewesen. «Mit einer solchen Flut an positiven Reaktionen durfte ich nicht rechnen.» Es sei wie ein Toleranz-Indikator der regionalen Gesellschaft, «die offensichtlich von einem weltoffenen, toleranten Geist beseelt ist», freut sich Jil Lüscher.

Es gibt – immer seltener werdende – Momente, in denen Jil Lüscher am Erfolg ihrer Entscheidung zweifelt. «Kann ich den Kampf um meine gefühlte Identität je gewinnen?» Diese Frage reisse sie jeweils in ein tiefes psychisches Loch. «Dann habe ich mich emotional nicht mehr im Griff und muss einfach drauflosheulen. Vor allem, wenn ich alleine bin.» Mit diesem Auf und Ab – mit der neuen hormonellen Gefühlswelt – müsse und könne sie aber immer besser leben.

Der Änderungsprozess des Vornamens ist amtlich eingeleitet und auch die geschlechtsanpassende Operation wird in den kommenden Tagen terminlich fixiert. «Die Leitungen werden bald untertags verlegt», scherzt sie. Vor dem Eingriff habe sie keine Angst. Im Gegenteil: Sie freue sich.

Quelle: Zentral+ Das unabhängige Online-Magazin der Zentralschweiz

 

 

Vorstandskonferenz der LGBT-Vereine und -Organisationen der Deutschschweiz

Am Samstag, 14. September, hiess es «LGBT go Gurten»: Die Geschäftsstellen von LOS und Pink Cross hatten zur deutschschweizer Vorstandskonferenz auf den Berner Gurten eingeladen. Vertreter_innen von Queerdom Schaffhausen, Züri Pride und innnerschweizer Vereinen, HAB, Pink Cross, LOS, TGNS, Pink Cop, Wybernet und dem neu gegründeten Verein SchwuLeOb aus dem Oberwallis waren anwesend.

Die einzelnen Mitglieder berichteten über ihre Vereinsaktivitäten. Neben dem Kennenlernen und Vernetzen war auch die Zukunft der Vorstandskonferenz ein Thema. Künftig werden wir uns zweimal im Jahr immer an einem anderen Ort treffen. Dabei wird neben den Berichten aus den Organisationen auch jeweils ein Schwerpunktthema diskutiert.

Fazit: Eine gute Sache, unsere Anliegen auch immer wieder in die LGB-Kreise einzubringen, wichtige Kontakte zu schliessen und nicht zuletzt tolle Leute kennenzulernen!

Henry

 

 

Solidarität mit russischen Transmenschen

7. September 2013

In Russland gibt es seit Juni das Gesetz, welches «nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen», vor allem vor Kindern und Jugendlichen verurteilt. Dieses Gesetz bildet sozusagen die Spitze des Eisbergs von Menschenrechtseinschränkungen und

herausgegeben von Thorsten Mell

Das Innere entscheidet«Transidentiät  begreifbar machen» lautet der Untertitel des Buches, das sich nicht nur an Jugendliche richtet. In leicht verständlicher Sprache begreifbar machen, was es heisst, als Transmensch zu leben, wie eine Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Lebensumwelt aussehen kann – das gelingt dem Buch sehr gut.

Der Herausgeber Thorsten Mell holt Menschen, die plötzlich in ihrem Umfeld mit dem Coming-Out eines Transmenschen konfrontiert sind, dort ab, wo sie stehen. Thorstens eigene Geschichte bildet den roten Faden des Buches – beleuchtet aus verschiedenen Perspektiven. So kommt eine Mitarbeiterin des Kindergartens zu Wort, die vom Coming-Out der vermeintlichen Kollegin überrascht wird, aber auch der Vater eines Kindergartenkindes und andere Menschen, die Thorsten nahestehen. Durch diese Perspektive wird der Weg und die Situation des Umfeldes sehr gut deutlich: Die Überraschung, dass ein Mensch im Umfeld nicht dem Geschlecht angehört, als das er bis dahin lebte, das Ringen um Verständnis und einen respektvollen Umgang mit diesem Coming-Out und schliesslich die Akzeptanz der Tatsache, dass die Person, die man bis dato für eine Frau hielt, ein Mann ist und auch als solcher lebt.

«Das Innere entscheidet» schildert aber auch ausführlich den Ablauf medizinischer und juristischer Angleichungsmassnahmen und erweckt dadurch bisweilen den Eindruck, dass eben doch auch das Äussere eine wichtige Rolle auf einem Trans*weg spielen kann. Das Begutachtungssystem wird von dem Psychiater Tobias Müller erklärt. Hier ist zu kritisieren, dass «Das Innere entscheidet» den Status Quo sehr unkritisch und aus Sicht von «Experten» darstellt, anstatt sich kritisch mit der Psychopathologisierung von Transmenschen und der Menschenrechtswidrigkeit der veralteten deutschen Begutachtungspraxis mit ihrer Fremdbeurteilung und den Wartezeiten auseinanderzusetzen. Im Gegensatz: Tobias Müller hat zwar Verständnis dafür, dass Transmenschen ungeduldig sind, findet es aber gerechtfertigt, dass er als Experte die Entscheidung fällt, ob und wann ein Transmensch Zugang zu medizinischen Massnahmen bekommt. Diese Sichtweise teilen heute die meisten Trans*expert_innen nicht mehr.

Dass wirklich das Innere entscheidet wird dann auch noch in den Geschichten anderer Transmenschen deutlich, die ebenfalls zu Wort kommen, und deutlich andere Wege für sich gewählt haben als Thorsten Mell.

Insgesamt ist es ein ausgesprochen gut lesbares Buch, das gerade für das Umfeld junger Transmenschen die wichtigsten Problemfelder einer Transition aufzeigt und einen vorbildlichen Umgang mit einem Trans*-Coming-Out schildert. Die klare Strukturierung und ansprechende Gestaltung des Buches ermuntern auch Lesemuffel, wenigstens die für sie interessanten Stellen mitzunehmen und dem Phänomen Transidentität ein ganzes Stück näher zu kommen.

Thorsten Mell (Hrsg.), Das Innere entscheidet. Transidentität begreifbar machen (Querverlag 2014, 12,90 € oder ca. 19.80 Fr.)

Verlagsinfo: PDF

-verletzungen in Russland. Die Gewalt gegen Andersdenkende und Anderlebende nimmt zu. Die Zivilgesellschaft wird systematisch ausgehöhlt, Minderheiten noch mehr an den Rand gestellt.

Hier an der ersten Schweizer Transtagung wollen wir mit unserem Bild ein Zeichen der Solidarität setzen und zwar besonders für die russischen Transmenschen! Zugleich rufen unsere Politiker auf, zu handeln und sich für die Menschenrechte aller in Russland einzusetzen. Und zwar nicht durch Boykottaktionen, sondern nach den Bedürfnissen der russischen Bevölkerung.

Solidarität mit russischen Transmenschen –
Ihr seid nicht allein!